Kassel Nordstadt/ Wesertor

Praxisbeispiel zum Qualitätsstandard 9: "GWA erkennt und bearbeitet Lebenslagen interdisziplinär, integriert und partizipativ"
Name des Standorts

Kassel Nordstadt/ Wesertor

Wie ist die Gemeinwesenarbeit vor Ort verankert?

Die Gemeinwesenarbeit des Kulturzentrum Schlachthof gGmbH wurde in 2018 zuerst im Stadtteil Wesertor verankert und ist ab 2020 auf ein weiteres Quartier, die Nordstadt, erweitert worden.

Im Stadtteil Wesertor arbeiten wir mit einer halben Stelle und in der angrenzenden Nordstadt teilen sich zwei Kolleg:innen eine volle Stelle. In beiden Stadtteilen haben sich über viele Jahre gute Kooperationen mit anderen Trägern und Akteur:innen etabliert und die GWA ist ein fester Bestandteil der Netzwerkarbeit. Auch dadurch, dass das Kulturzentrum Schlachthof für Bewohner:innen beider Stadtteile einen mittig gelegenen, festen Anlaufpunkt darstellt, ist ein niedrigschwelliger und direkter Zugang zu der Bevölkerung gegeben. Aufgrund der Größe des Fördergebiets wird zudem sehr dezentral gearbeitet, um möglichst viele Bewohner:innen zu erreichen.

Wie wurde der Qualitätsstandard umgesetzt?

Alle der im Rahmen der Gemeinwesenarbeit durchgeführten Projekte und Angebote setzen den Schwerpunkt darauf, Menschen ganzheitlich zu begleiten und zu aktivieren. In unserer Arbeit versuchen wir deshalb unsere Räume / Angebote / Formate so zu gestalten, dass alle Teilnehmenden mit ihren unterschiedlichen Herausforderungen einen Platz finden, um Selbstwirksamkeitserfahrungen machen zu können. Das schließt auch ein, dass Bewohner:innen nicht nur andere Menschen aus dem Quartier, sondern auch neue Seiten an sich selbst kennenlernen und sich – ganz buchstäblich –  entfalten: So waren viele kleine Aktionen und Projekte aus der Laufzeit bis zur Pandemie künstlerisch begleitete Mitmachangebote, die vielen Bewohner:innen erstmal fremd waren. Das jedoch legte sich schnell und viele Menschen waren plötzlich an Formaten und Ergebnissen beteiligt, zu denen sie ohne GWA keinen Zugang gefunden hätten.

Auch unser im letzten Jahr implementiertes Mitmach-Frühstück in beiden Quartieren führt völlig unterschiedliche Bewohner:innen zusammen, die im Alltag nicht ins Gespräch miteinander kommen.

Aktuell besteht eine Kooperation zwischen der GWA Nordstadt und dem Café Lebenslust, einem Treff für Menschen ab 60 im Kulturzentrum Schlachthof. Im Rahmen dieser Kooperation findet eine Gesundheitsreihe bestehend aus verschiedenen Vorträgen statt. Die Themen entstehen partizipativ und decken verschiedenste Bereiche ab: Psychische Gesundheit, Pflegebedürftigkeit im Alter, Krankenversicherung und das neue E-Rezept, Zahngesundheit im Alter, Gesunde Ernährung, um nur einige zu nennen. Die Veranstaltungsreihe zeichnet sich durch eine offene Fragerunde aus, bei der die Teilnehmenden auch persönliche Anliegen einbringen. Oft gibt es einen kleinen praktischen Teil, wie z.B. beim Thema „Hören im Alter“, wo die Besucher:innen vor Ort einen kostenlosen Schnell-Hörtest durchführen lassen konnten. Die Veranstaltungen werden nach Bedarf von Sprachmittler:innen begleitet.

Bezogen auf den oben genannten Qualitätsstandard ist im Rahmen dieser Kooperation gelungen, die Dimensionen der Lebenslagen der Besucher:innen zu berücksichtigen und damit die Lebensrealität der älteren Menschen ganzheitlich zu betrachten.

Dadurch, dass die Veranstaltung neben Vermittlung von Wissen und Gesundheitskompetenz auch eine soziale Austauschmöglichkeit für ältere Menschen bietet, ist es gelungen, Prävention, Aufklärung und soziale Teilhabe miteinander zu verknüpfen. Das stärkt die Selbstbestimmung der Zielgruppe und den Abbau von Barrieren im Quartier.

Wir sind stolz, dass sich die Gesundheitsreihe mittlerweile sehr gut etabliert hat und wir so Zugang zu vielen älteren Menschen in Kassel finden konnten.

Welche Tipps habt ihr für andere GWAler:innen?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es in unserer Arbeit hilfreich ist, Angebote möglichst niedrigschwellig, mehrsprachig und offen zu gestalten, um möglichst viele Menschen mit ihren unterschiedlichen Lebensrealitäten zu erreichen.

Flexibilität und Ergebnisoffenheit ist wesentlich, um für alle da sein zu können und offen gegenüber den verschiedensten Lebenslagen der Quartiersbewohner:innen zu sein und Ideen und Möglichkeiten zu finden, das nachbarschaftliche Nebeneinander in ein temporäres Miteinander zu verwandeln.

Johanna Hüppe und Lisa Willkomm

Kulturzentrum Schlachthof gGmbH

j.hueppe@schlachthof-kassel.de

l.willkomm@schlachthof-kassel.de

gefördert seit 2018 

GWA seit 2018 im Wesertor, seit 2020 auch in der Nordstadt

Förderung von Gemeinwesenarbeit in Hessen

Mit der Servicestelle Gemeinwesenarbeit, die im Rahmen dieser Richtlinie gefördert wird, unterstützt die Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Brennpunkte Hessen e.V. die Umsetzung und Weiterentwicklung der Gemeinwesenarbeit in Hessen. Das Angebot richtet sich an alle Akteur_innen, die mit Hilfe der Gemeinwesenarbeit die Lebensbedingungen in benachteiligten Stadtteilen und Quartieren verbessern möchten. Die Servicestelle Gemeinwesenarbeit steht u.a. für Beratung, Wissenstransfer, Erfahrungsaustausch, Fortbildung und bei inhaltlichen Fragen rund um das Förderprogramm des Landes zur Verfügung.